![]()
Von Holger StieglerWindischeschenbach. Henning Schmidtke kann es. Und er beweist es auch. Es ist dieser magischer Moment in einer Kabarettvorstellung, wenn der Künstler auf der Bühne nicht nur der Gesellschaft insgesamt, sondern konkret dem anwesenden Publikum den Spiegel vorhält. Einfach nur auf dem Stuhl dasitzen, schweigen und schauen, somit das Leben entschleunigen, das Tempo rausnehmen, kein "Hetzkasper" sein. Und mit diesem Verhalten schon nach wenigen Sekunden Zwischenbemerkungen des Publikums provozieren: Besser könnte es der Kabarettist mit eigenen Worten gar nicht sagen, was er meint. Richter und Henker Schmidtkes Art des Agierens auf der Bühne ist in zweierlei Hinsicht bemerkenswert: Zum einen ist da die Abwechslung zwischen Gesang und Klavierspiel sowie Texten, zum anderen aber auch die Kombination von typischen Comedy-Elementen mit durchaus hintersinnigen Gedanken. Ein Beispiel dafür ist die Abrechnung Schmidtkes mit den Castingshows im Fernsehen: "Du kannst nirgends im Fernsehen mehr etwas singen, ohne dass eine Hackfresse danach etwas sagt!" Da wünsche er sich wirklich die Sendung "Disco" mit Ilja Richter zurück. "Früher hatten wir Ilja, den Richter - heute haben wir Bohlen, den Henker", stellt er fest. Niemand der Teilnehmer habe mehr eine Persönlichkeit, Ecken und Kanten, alle würden in ihrem Gesang dasselbe "Betroffenheits-Vibrato", das Schmidtke zum Brüllen komisch imitiert, an den Tag legen. "Alles Gleichmacherei, nur noch Musik-Stalinismus", fasst er zusammen. Westernhagen, Lindenberg und Grönemeyer - Schmidtke glänzt mit unnachahmlichen Parodien - hätten überhaupt keine Chance mehr und müssten sich von Bohlen auch noch dumme Sprüche gefallen lassen. Die Rettung wären Themen-Alben beispielsweise an Weihnachten mit Klassikern wie Grönemeyers "Bethlehem, ich komm' aus Dir" und "Gebt dem Christkind das Kommando" oder das Oster-Album von Lindenberg mit Hits wie "Nach Deiner Kreuzigung geht's weiter, am...